Konzertreise nach Schleswig-Holstein 2006

(von Lena Zilk)

 

Was wir im Norden wollten? Tanzen und Springen, Singen und Klingen, fallalala. Oder: Ein Chor geht auf Reisen!!

Tag 1: 1. September 2006 – Kiel

Wir? Das waren 28 Sänger und Sängerinnen des Studentenchores der Universität Jena. Und wer möchte schon gerne 8 lange Stunden im Tourbus hocken? Wir! Das sind die Weitgereisten!

Mit unserem weiß-pinken Tourbus machten wir uns am frühen morgen auf den Weg ins platte Schleswig-Holstein. Eine Fahrt, die sehr lang, aber auch sehr abwechslungsreich war. In Kiel angekommen waren wir so himmel-höchst motiviert, dass wir ganz spontan eine kleine Probe einbriefen („Ave Maria“ – „Von wem?“), schließlich wollten wir vier unvergessliche Konzerte in den nächsten Tagen geben. In der Zwischenzeit steckte unser Sonnendirigent noch in der Bahn auf seinem Weg zu uns. Nach der Probe ohne Wieland (dafür mit Andi) wurden unsere trockenen Kehlen, wie könnte es auch anders sein, mit ein wenig Wein geölt. Dann waren wir auch bereit, unser Hauptquartier Kiel zu erkunden. („Schaut nur, wie die Brücke klappt!“) Jeder auf seine Weise, in kleinen gemischten Gruppen, machte sich auf den Weg das Wasser zu suchen, das wir nun immer öfter sehen sollten.

Tag 2: 2. September 2006 – Bosau

Wir? Der eine oder die andere ein wenig verkatert oder noch unausgeschlafen, dennoch motiviert, kam bereitwillig zur Generalprobe nach dem Frühstück. Heute: Konzert in Bosau!

Eigentlich könnte alles klappen. „Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten!“ So probten wir eifrig, wenn auch – zugegeben – ein wenig unkonzentriert unser geistliches Programm, das da ausschließlich in Bosau gewünscht wurde. Nach dem Mittagessen und einem Blick auf die Karte, wo uns der Tourbus heute hinfahren sollte, wurden die Choroutfits samt der Sänger und Sängerinnen in den Bus verladen. Immer auf der Höhe des Geschehens und per Busmikrophon kommentierend unsere wunderbare Leisereitung Tim!

In Bosau dann die Überraschung: Es hingen Plakate, die die Kirchengemeinde eigens für unser Konzert erstellt hatte. (Zugegeben, unser Konzert war Teil des Musikalischen Sommerprogramms in Bosau.) Nach einer kurzen Stellprobe und dem Soundcheck (primär Akustikcheck) wurden wir ganz herzlich von Johannes’ Eltern begrüßt. Auch wenn ihr Sohn selbst nicht an dieser Reise teilnehmen konnte, so hat er uns doch dieses Konzert vermittelt. Da die Leisereitung darauf bestand und dem Wunsch des Sonnendirigenten folgte, hatten wir doch noch viel Zeit, uns Bosau näher anzusehen. Vereinzelte Grüppchen machten sich auf den Weg und doch traf man sich geschlossen am Plöner See wieder, wo so manche Füße ins Wasser gehalten wurden und auch ein Tretboot von zwei der vier Menschen namens Marc/kus gemietet wurde. Ein paar Tropfen Regen trieben uns dann doch wieder ins Gemeindehaus der St. Petri-Kirche zu Bosau.

Um 17h dann unser Konzert, das mit herzlichem Applaus und einem kleinen anschließenden Umtrunk und Büffet belohnt wurde. Johannes’ Eltern konnten anscheinend Gedanken lesen und halfen, unsre hungrigen Mägen zu füllen. Ae- ae-a Ui-ui-u Ae-ae-a! Welch eine herzliche Gastfreundschaft! Vielen Dank! Die Fahrt zum Hauptquartier wurde noch ein wenig weiter gefeiert, sowie in unserem Probenraum in der Jugendherberge. Dort wurden die ein oder anderen Spiele ausgepackt und so dies und das geträllert.

Tag 3: 3. September 2006 – Brunsbüttel

Wir? Das sind Soprane, Alte, Tenösen und Bässe, die stets auf dem Wege sind, die Schattenseiten ihres Gesanges zu bekämpfen. Heute: Konzert in der Weltstadt Brunsbüttel.

Wie könnte es auch anders sein, so trafen wir uns nach dem Frühstück auch heute zu einer kleinen Probe. („Einmal die Motedde bidde!“) Das weltliche Programm hieß es aufzufrischen und zu testen, ob wir ganz gloriös in gemischter Aufstellung den weltlichen Teil unseres Programms singen können. Ein jeder merkte sich, wer ihm da zuweil befremdliche, da noch nie vernommene Töne ins Ohr sang und machte sich auf den Weg, die verbliebene Zeit sinnvoll zu nutzen: Wein einkaufen, Mensch-Ärgere-Dich-Nicht spielen, Wein einkaufen, Noten sortieren, Wein einkaufen… und Wein einkaufen?

Dann der große Augenblick: der Bus brachte uns nach Brunsbüttel. Die Leisereitung fuhr zu Höchstformen auf. Mit dem Passieren der kleinen Fähre und des Ortsschildes von Brunsbüttel begann die spannende Sight-Seeing-Tour durch Tims Heimatort, bei der jede falsch aufgestellte Boje auf dem Kreisel und sogar das Industriegebiet mit Lokalpatriotismus in der Stimme angepriesen wurde. („Marne ist abgesoffen, hehehe. Das war ganz tragisch!“) Teil dieser Tour: Der Schaf-Scheiße-Slalom auf dem Elbdeich, der uns bei Regen noch nicht ganz erkennen ließ, wie schön es in Brunsbüttel sein kann. („Sie haben hier ja wahrscheinlich öfter schlechtes Wetter, oder?“) Dann der Empfang von Mutter Rathje, die eifrig das jammie-leckere Büffet vorbereitete, und Papa Rathje, der noch eifriger das Brot schnippelte. Unser Weg führte hingegen erst einmal durch strömenden Regen in die Kirche. Stellprobe und Soundcheck, dann wurde sich in Schale geschmissen, Haare gekämmt und Fliegen zurecht gezurrt. Um 18 Uhr dann endlich: unser Konzert („Und einer freut sich ganz besonders!“). Auch diesmal müssen wir wohl so gut gesungen haben, dass man uns zumindest mit einem tollen Büffet und Sonnenschein belohnt hat! Im Gegenzug für diese wunderbare Gastfreundschaft konnten wir unsere KonzertbesucherInnen mit „Dat du min Leevsten büst“, einer kleinen norddeutschen Zugabe erfreuen.

Im Anschluss an den gemütlichen Ausklang fuhren wir dann aufgrund des tollen Wetters und Tims Geheimtipps noch mal schnell zum Deich, was sich unglaublich gelohnt hat. Viel Wind, Wasser und Schafe, willkommen im Norden! Dann der SSSZ (Schaf-Scheiße-Schuh-Zoll), ab in den Bus und zurück nach Kiel.

Tag 4: 4. September 2006 – Hamburg

Heute kein Konzert. Oohh! Stattdessen: Eine Horde Sangesfreudiger auf dem Weg, richtige Fischköppe zu sehen: Auf geht´s nach Hamburg, die Heimat unseres Choreogra- äh, Korrepetitors Christoph!

Am frühen Morgen, nach dem Blick auf die Karte, fuhr uns Siggi (der Tourbusfahrer) nach Hamburg, zunächst zum Michel, der berühmtesten Kirche Hamburgs. („Ist das wenigstens die Stadtkirche?“) Wie kann ein Chor in einer wunderschönen Kirche sein, ohne die Akustik wenigstens anzutesten? So haben wir ein wenig in der Kirche gesungen, um gekräftigt den Turm zu besteigen und die Aussicht über die ganze Stadt zu genießen. In der anschließenden Andacht konnten wir sogar die Orgel hören. Wir waren also zur rechten Zeit am rechten Ort. Dann teilte sich die Gruppe ein wenig, die einen fuhren mit Christoph per Boot durch seine Heimatstadt, die anderen trafen sich mit altbekannten Gesichtern oder schlenderten einfach nur so durch die Stadt. Abends traf man sich im „Feuerstein“ zu einem gemeinsamen Abendbrot wieder, berichtete von seinem Tag, bestieg dann den Bus und so waren wir recht früh wieder im Hauptquartier. Warum so früh und warum wir nicht auf der Reeperbahn nachts um halb eins waren? Seine Musikalität der Sonnendirigent Wieland XIV („Le choral est moi!“) beschloss die frühe Heimkehr, um ausgeschlafen dem nächsten Highlight entgegen sehen zu können.

Tag 5: 5. September 2006 – Hallig Hooge

Wir? Eine Gruppe trotz früher Abfahrt eher weniger ausgeschlafener SängerInnen  stolperte nach dem Frühstück in den Bus mit dem Ziel: Die Hallig Hooge, der Höhepunkt vieler. Heute: Konzert auf der Hallig Hooge!

Seeluft macht hungrig, heißt es. Gut, dass wir ein paar Büffetreste von Brunsbüttel eingepackt bekommen und Zeltlager- und Gruppenleiter-erfahrene Mitsänger für ein Buspicknick eingekauft hatten. Mit dem Bus angekommen in Schlüttsiel, ließen wir uns den Wind schon einmal richtig durch die Haare pusten, während wir die Schafe beobachtend auf unsere Fähre warteten. Auf der Überfahrt wurden die ein oder anderen Seemannslieder aus der Kiste gekramt, fröhlich geträllert, bis die Wellen, die auf den Bug spritzten, uns die Münder mit ihrem Salzwasser stopften. Bei der Hallig angelegt, sprangen uns die Fahrräder und so manchen auch die Tandems ins Auge. Das ideale Fortbewegungsmittel, um von einer Warft zur nächsten zu kommen. Unsere Chorkleidung holte die freundliche Pfarrersfrau mit dem Auto vom Anleger ab, so dass wir ohne viel Ballast zur Kirche radeln konnten.

Den Nachmittag zur freien Verfügung radelte jeder wie es ihm beliebte über die Hallig, ging baden oder versuchte es zumindest, aß Fischbrötchen, saß in Strandkörben, war im Hooger Museum und genoss auf seine Art und Weise die Seeluft. Zur Stellprobe parkte man die geliehenen Räder auf dem eigens für Fährräder errichteten Parkplatz, traf sich in der kleinen Kirche wieder und jeder gab sein bestes, um den Halligbewohnern ein schönes Konzert zu bieten. („Und alle sind dabei!“) Wir hatten viel Spaß, Wieland brauchte laut Eigenaussage gar nicht mehr viel zu dirigieren und hatte viel Zeit, sämtlichen anderen lustigen Unfug zu machen. So wurde u.a. das Plastikreh durch die Luft gefuchtelt, was nicht nur uns, sondern auch der Gemeinde viel Freude bereitete. Die von Herzen aufrichtige Ansprache des Pfarrers nach dem „zauberhaften“ Konzert freute und rührte uns sehr, so dass wir die eine und andere Zugabe wirklich gerne zum Besten gaben.

Dann neigte sich unser Besuch so langsam aber stetig seinem Ende. Wir radelten die Drahtesel zum Anleger und Verleih zurück und bestiegen rückblickend auf einen wunderschönen sonnigen Tag unsere Fähre, die extra für uns noch einmal fuhr! Ae-ae-a ui-ui-u ae-ae-a! Auf dem Rückweg hielten wir uns an den Flens-Flaschen fest, schmetterten Mozarts “Freunde lasset uns beim Zechen”-Kanon und sämtliche andere Lieder gegen den Wind und kletterten nach einer ruhigen Überfahrt wieder in den Tourbus, der in der Zwischenzeit repariert worden war und uns so sicher wieder in die Jugendherberge fahren konnte. Das angekündigte Picknick im Bus sowie der Genuss von Alkohol ließ uns wieder auftanken, so dass gesungen wurde bis zum Abwinken!

Tag 6: 6. September 2006 – Und wieder Kiel

Wir? Eine Einheit vieler Individuen, der Studentenchor auf Reisen. Heute: unser Abschlusskonzert in Kiel.

Nach dem Frühstück trafen wir im Probenraum ein. Sollten wir jetzt immer noch proben? Nicht unbedingt. Wenn man eine Woche lang gemeinsam Tag und Nacht auf einander hockt, so gibt es doch viel, was man am Ende einmal sagen möchte. Aufrichtige Aussprachen, harte Kritik, aber auch ein wenig Lob und ein riesiges Dankeschön. Denn wenn man so intensiv Zeit miteinander verbringt, schenkt man automatisch den anderen ein gewisses Maß an Vertrauen und sollte offen und ehrlich sein können. Ausgesprochen, im wahrsten Sinne des Wortes, mit einem lachenden und einem weinenden Auge packten wir nun also die Koffer, räumten die Zimmer unseres Hauptquartiers, verstauten das Gepäck im Bus und verbrachten den Restnachmittag in Kiel.

Abends dann das inzwischen schon vertraute Ritual. Stell- und Akustikprobe, Andi spielte sich auf der Orgel ein, wir zogen uns um und wieder wurden sämtliche Fliegen zurecht gezurrt. Mit dem Fünf-Uhr-Glockenschlag dann der Beginn unseres letzten, diesmal nur halbstündigen Konzertes. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Halbe Stunde“ konnten wir nun dieses Mal zeigen, was wir so drauf haben. Mit dem letzten verklungenen Ton ging dann auch der Aufenthalt im Norden zu Ende. Auf den Erfolg der letzten Tage wurde noch ein Cocktail in der angrenzenden Bar getrunken, dann machte sich die Gruppe auch auf den Weg in den Tourbus, die weite Fahrt auf sich nehmend.

Die Busfahrt: eine feucht-fröhliche, singfreudige Runde, die sich mit einer kleinen Aufmerksamkeit natürlich bei der wunderbaren Leisereitung Tim ganz irre bedanken wollte, dass diese Reise derartig zustande gekommen war. Selbstverständlich wollen wir uns auch bei Wieland dafür bedanken, dass er die harte Arbeit mit uns nicht gescheut und uns so wunderbar dirigiert hat. Ein Dank geht auch an unsere Freunde aus Weimar, die uns tatkräftig unterstützt haben und ein klitzekleiner Dank auch an alle, die dabei waren für sechs lustige Tage. Fallala und Ae-ae-a ui-ui-u ae-ae-a!!!